Samstag, 23. März 2013

Djum Riap Sua!

Mekong-Delta nach Phnom Penh.


Der Plan war, dass Mekong-Delta zu besichtigen und dann direkt über die kambodschanische Grenze nach Phnom Penh weiterzureisen. So haben wir es in Saigon gebucht. Besonderen Wert legten wir auf den günstigen Transfer. Es sollte laut Buchungsbestätigung mit dem „slow boat“ über die Grenze und dann mit dem Bus in die Hauptstadt Kambodschas gehen. Wir verzichteten auf das teure „fast boat“-Upgrade, das uns für 16 $ pro Person angeblich schneller und schöner als der Bus nach Phnom Penh gebracht hätte. So war jedenfalls der Plan. Da wussten wir noch nicht, dass wir die Grenze ohne unsere Reisepässe überqueren und in harte Verhandlungen für unsere Busfahrt treten würden...

Aber zunächst einmal klingelte unser Wecker um 5:30 Uhr. Wir haben die Rucksäcke gepackt, ein stumpfes Baguette mit scrambled eggs gefrühstückt und dann gewartet. Zusammen mit Roel und Leoni und einem Kanadier, der zusammen mit seiner Frau und seinem Sohn ebenfalls auf unserer Tour war. Er ist überrascht zu hören, dass wir nachher mit dem Bus fahren. Seinen Informationen nach sollte das „slow boat“ ihn und seine Familie bis nach Phnom Penh bringen. Wenige Minuten später halten ein paar Cyclo-Fahrer vor dem Hotel. Der Mann hinter der Rezeption gibt uns zu verstehen, dass diese uns nun zum Boot bringen würden. Irgendwie schafft es der Cyclo-Fahrer unsere riesigen Rucksäcke und uns auf dem Gefährt unterzubringen und radelt los.


Roel und Leoni mit etwas Vorsprung:


Mehrere Hundert Meter weiter hält er am Ufer eines Flusses vor einem großen Boot, setzt unsere Rucksäcke ab und verschwindet äußerst missmutig über das Trinkgeld, das wir ihm freiwillig gegeben haben. Auf dem Boot, das wir als „slow boat“ identifizieren, begrüßt uns ein Vietnamese, der sich als unser neuer Reiseführer vorstellt. Es sind auch einige andere Reisende an der Anlegestelle und unsere Rucksäcke werden sofort und ungefragt auf das Boot geworfen. Wir müssen ihm nun unsere Reisepässe geben, das Geld für das Visum und er würde den Rest besorgen, meint er. Nun gut, es hieß zwar schon in unserem Hotel in Saigon, dass wir irgendwann irgendwem unsere Ausweise für die Aufenthaltsgenehmigungen geben sollten, aber es ist trotzdem kein gutes Gefühl, die liebgewonnenen roten Pässe jemandem in die Hand zu drücken, den man gerade kennengelernt hat. Außerdem, ergänzte er leise, hätte er ein tolles Angebot für uns. Wir könnten mit dem kleinen und schnellen „fast boat“ ab der Grenze weiterfahren. Das würde nur 12 $ pro Person kosten. Wir sind zwar erstaunt über den im Vergleich zu Saigon geringeren Aufpreis, lehnen jedoch dankend ab, geben uns mit dem Bus zufrieden und betreten das große „slow boat“.


Zu unserer Überraschung halten wir kurz nach Abfahrt an einem schwimmenden Dorf mitten auf dem Fluss. Offensichtlich besichtigen wir noch eine kleine Fischfarm. 


Von hier geht es dann noch stromaufwärts in ein kleines Dorf. Es ist eine Siedlung der Cham, deren hinduistische Tempelruinen wir in My Son bei Hoi An im Dschungel gesehen haben und die hier im Süden Vietnams mehrheitlich islamisch geprägt sind. 


Nach diesen beiden Programmpunkten, von denen unser Reiseführer im Vorfeld nichts erzählt und währenddessen kaum etwas erklärt hat, steuert das behäbige und langsam dahinschaukelnde „slow boat“ in Richtung Grenze. Wir gehen auf das Deck und sind trotz der Hitze begeistert, ein weiteres Mal dem Lauf des Mekongs zu folgen. Der Fluss ist uns schon an der thailändischen Grenze, in Laos und Vietnam begegnet und wird uns jetzt auch noch in unser letztes südostasiatisches Land führen.


In zweieinhalb Stunden sollen wir die vietnamesisch-kambodschanische Grenze erreichen. Auf unserem Boot ist derweil unter den Reisenden Betriebsamkeit ausgebrochen. Unser Reiseführer ist nicht mehr aufzufinden, vermutlich ist er sogar von Bord gegangen. Stattdessen ist ein anderer Vietnamese aufgetaucht, der von den Passagieren Geld einsammelt. Bevor wir uns erkunden können, was es damit auf sich hat, ist er schon zu Roel, Leoni und uns beiden an den Tisch getreten. Er begrüßt uns an Bord und erkundigt sich, wie wir denn nach Phnom Penh zu fahren gedenken. Mit „slow boat“ und Bus ist unsere Antwort. Ein Lächeln erstrahlt auf seinem Gesicht und er teilt uns mit, dass er ein tolles Angebot für uns habe. Wir könnten für nur 11 $ pro Person vom Bus auf das „fast boat“ upgraden und eine wunderschöne Mekongfahrt genießen. Ebenso freudestrahlend bedanken wir uns für das tolle Angebot und lehnen ab. Eine Busfahrt ist auch schön. Daraufhin verschwindet er wieder, nicht ohne uns vorher mit ein paar klaren Sätzen die Busfahrt madig zu machen. Wir suchen unseren kanadischen Freund auf und erfahren, dass ihm das „fast boat“ für 9 $ pro Person angeboten wurde. Daraufhin beschließen wir, diese durchaus interessante Entwicklung weiterzuverfolgen und abzuwarten. Als wir wieder an unserem Tisch auf dem Bootsdeck Platz nehmen erscheint tatsächlich wieder unser vietnamesische Unterhändler. Er habe sich nochmal für uns erkundigt und es gebe jetzt kein Problem mehr, denn er kann uns das „fast boat“ nun für 8 $ pro Person anbieten und wie wir denn zahlen wollen. Obwohl wir uns mittlerweile ziemlich sicher sind, dass wir sieben die einzigen Gäste auf dem Boot sind, die noch nicht das „fast boat“ bezahlt haben, pochen wir weiter auf unseren gebuchten Bustransfer und lehnen sein Angebot erneut ab. Stattdessen fragen wir ihn, wo denn eigentlich unser Bus abfahren und wer uns dahin bringen würde. Das kann oder will er nicht beantworten und lässt uns nach dieser erneuten Absage fast eine ganze Stunde in Ruhe.

Erst als wir bereits kurz vor der Grenze sind startet er einen weiteren Versuch. Nicht mehr ganz so freudestrahlend und gutgelaunt verkündet er uns verschwörerisch, dass er ein „special offer“ nur für uns hätte. Weil wir so freundlich seien und er uns diese fürchterliche Busfahrt ersparen möchte, halbiere er nun den Preis und bietet uns das „fast boat“ für 4 $ pro Person an. Erstaunt darüber, wie schnell so ein Preis doch fallen kann, und mittlerweile neugierig geworden, wohin das Ganze noch führen wird, nehmen wir sein „special offer“ wieder nicht an.

Inzwischen haben wir am Ufer des breiten Mekongs an einem kleinen Gebäude angelegt. 


Alle steigen aus und man munkelt, dass es hier Mittagessen gibt. Ob das die Grenze ist oder noch Vietnam oder schon Kambodscha bleibt unklar. Auf dem Steg kommt unser neuer vietnamesische Freund zu Walter, legt ihm kumpelhaft den Arm um die Schulter und nimmt ihn kurz zur Seite. „My friend, only for you, this is my last offer, fast boat for only 3 $ for you!“ Nur zur Erinnerung: 16 $ hätten wir gezahlt, wenn wir das schnelle Boot in Saigon gebucht hätten oder immerhin noch 12 $ beim ersten Angebot vor zwei Stunden. Natürlich haben wir ihm jetzt auch für 3 $ nicht zugesagt. Stattdessen bestellen wir mit unseren letzten vietnamesischen Dong zwei Mittagessen und warten darauf, was als Nächstes passiert. Fragen nach dem Bus oder unseren Reisepässen werden nicht beantwortet. Anscheinend sind wir aber noch auf vietnamesischen Boden und müssen noch etwas weiter stromaufwärts. Nach einer Weile kommt Bewegung in die Sache als ein kleines schnell aussehendes („fast boat“?) Boot neben unserem anlegt und unsere Rucksäcke umgeladen werden. Etwas ungehalten stellen wir noch einmal klar, dass wir nicht mit dem „fast boat“ fahren wollen. Kein Problem, wird uns geantwortet, das kleine Boot bringe uns nur auf die kambodschanische Seite. Wir steigen also ein und überqueren kurz danach zum ersten Mal auf unserer Reise auf dem Wasserweg und noch dazu ohne unsere Reisepässe eine Grenze zwischen zwei Ländern.

Am Ufer wird die kambodschanische Flagge sichtbar und das Boot steuert auf einen kleinen Steg zu. Dort begrüßt uns wider Erwarten unser „Reiseführer“ von heute morgen mit unseren Pässen in der Hand. Die Visa seien schon eingeklebt, wir müssten nur noch zum Grenzhäuschen hinter ihm und alles stempeln lassen. Den Beamten begrüßen wir mit einem fröhlichen „djum riap sua“, das förmliche „Hallo“ auf kambodschanisch, ernten ein Lachen ob unserer Aussprache und erhalten die Genehmigung dreißig Tage in seinem Land zu bleiben. Doch jetzt stellte sich erneut die Frage, wo denn eigentlich unser Bus abfahren würde. Walter war als Erster mit der Einreisekontrolle fertig und erkundigte sich bei unserem Reiseführer und erhielt in etwa diese Antwort: „My friend! You know, the roads in Cambodia are very bad, the bus is very slow, driving is not nice. Take the fast boat, it is a very nice way to go to Phnom Penh. My friend, I like you, so you can pay me only 2 $ and you can go with the fast boat!“ Das war nun schon ein ziemlich gutes Angebot, aber mittlerweile wollten wir einfach nicht noch mehr zahlen und endlich den Bus nehmen, der für uns inklusive war. Auf Walters Frage hin, wann und wo der Bus nun eigentlich abfahre, ging unser Reiseführer mit ihm zum Eingang des umzäunten Geländes und zeigte auf die mit Schotter und Schlaglöchern übersäte Baustelle, die eine Straße sein sollte. „Look my friend, the road is very bad. You don't want to take the bus!“ Walter antwortete ihm, dass so eine Straße schon okay sei, dass wir Länder wie Laos bereist haben und dort die Straßen noch viel schlechter gewesen seien. Mit einem resignierenden Seufzen guckt er auf Walter, auf die Straße, auf Christina und unsere holländischen und kanadischen Freunde, die mittlerweile auch mit der Einreisekontrolle fertig waren, auf das „fast boat“ und sagte: „Okay, you know what, get in the boat. You can go for free.“ Und so fuhren wir statt mit dem Bus kostenlos mit einem „fast boat“, das eigentlich bis zu 16 $ gekostet hat, nach Phnom Penh.

Das Boot war ziemlich klein, es war sehr heiß, wenn man jemand in die Toilette auf der Steuerbordseite gegangen ist, musste ein anderer sich auf die Backbordseite setzen, um das Gleichgewicht zu halten, und die Fahrt dauerte vier Stunden, aber sieben der etwa 25 Passagiere hatten die ganze Zeit ein Grinsen im Gesicht. 

Einer unserer drei Fahrer hält unterwegs ein Nickerchen:


Am späten Nachmittag erschien die Silhouette der kambodschanischen Hauptstadt am Horizont und wenig später standen wir mit unseren Rucksäcken auf einem Anlegesteg. Wir verabschiedeten uns von dem Kanadier und seiner Familie, während sich Roel und Leoni, die noch kein Hotel gebucht hatten, uns anschlossen. Wie ein Schwarm Geier warteten schon die TukTuk-Fahrer an der Straße auf uns und wollten uns für einen „very cheap price“ die „very long road“ zu unserem Hotel fahren. Wir kämpften uns durch den Schwarm, schüttelten sie ab und spazierten dank der GPS-Ortung die ca. 500m zu unserem Hotel. Pich Guesthouse ist zwar nicht die beste, aber sicherlich nicht die schlechteste Unterkunft, die wir auf der Reise hatten. Unser klimatisiertes 12-$ Zimmer erreichte man, wenn man die Treppe drei Stockwerke nach oben ging, durch einen in die Wand geschlagenen Durchgang ins Nachbargebäude spazierte und dort wieder eine Treppe hinunterstieg. Unser erster Eindruck von Kambodscha: „Djum riap sua“ hört sich schön an, die Menschen wirken freundlich und alle Preise sind in US-Dollar angegeben.

Fazit Tag 80:

Es hat nie einen Bus gegeben.

Was haben wir heute gelernt: Man kann auch ohne Ausweispapiere eine Grenze übertreten.

1 Kommentar:

  1. Sehr anschaulicher Bericht...toll! Beharrlichkeit zahlt sich aus...Superfotos! El Golfo

    AntwortenLöschen