Sonntag, 10. März 2013

Hanoi nach Hue


Hanoi Hauptbahnhof wird von etwa 200 verschiedenen Zügen frequentiert. 


Wir nehmen einen der schnelleren in Richtung Saigon und werden auf etwa halber Strecke in Hue aussteigen. 


Das Ticket kostet umgerechnet 40 $ pro Person und berechtigt uns für einen der begehrten Soft-Sleeper-Plätze, wobei einer von uns unten und der andere oben schlafen darf. 


Wir teilen uns das Abteil mit zwei weiteren Passagieren. In den Hard-Sleeper-Abteilen gibt es noch eine dritte Schlafetage. Ansonsten könnte man noch einen zurücklehnbaren Einzelsitzplatz im Großraum oder einen sehr einfachen auf einer Holzbank nehmen.



Der Zug fährt pünktlich ab und zeigt sich auch sonst von einer im Vergleich zu Thailand komfortablen Seite. Es gibt in jedem Waggon heißes Wasser, womit man sich seine Instantsuppe zubereiten kann, zwei saubere Waschbecken und im Abteil sogar Steckdosen. Die Bettwäsche, Laken, Kissen und dünnes Deckchen, scheinen sauber zu sein. Lediglich die Toilette fällt in Sachen Sauberkeit deutlich ab und verschlechtert sich von Stunde zu Stunde. Die Klimatisierung, die tagsüber eine Wohltat ist, bläst einem nachts ungestört kalte Luft ins Gesicht. Nicht jedermanns Sache. Wohl dem, der unten schlafen darf. Und schlafen kann auch nur, wer es lernt, sich an das Geschaukle und manches abrupte Anhalten des Zuges zu gewöhnen und die Angst abzustreifen, aus seinem Bett zu fallen. Zusammengerechnet kommen wir in der Nacht so immerhin auf sechs Stunden Schlaf.

Am frühen Morgen ruckeln wir abwechselnd durch Reisfelder und kleine Städte. Zum Frühstück gibt es eine Instantnudelsuppe aus dem „Bordrestaurant“. Unsere Handyortung verrät uns, dass wir demnächst ankommen. Der Schaffner scheint zu wissen, wer in welchem Sleeping-Abteil wohin fährt und weckt die noch Schlafenden. Wir steigen aus und treffen inmitten der vielen Menschen auf dem kleinen Gleis unsere zwei Indisch-Holländisch-Irischen Bekannten aus dem Kochkurs in Luang Prabang wieder. Südostasien ist ein Dorf. Draußen vor der Bahnhofshalle müssen wir uns dagegen vergewissern, dass wir noch in Zentralvietnam sind und nicht aus Versehen mit dem Zug in einer indischen Stadt Halt gemacht haben: Taxi-, Moped- und Rikschafahrer fallen wie ein Schwarm Geier auf die Angekommenen, um sie in ihr Gefährt zu zerren. Wir laufen unbeirrt weiter, werden aber schnell von einem Vietnamesen verfolgt. „Where do you go, my friend? I take you there! Very cheap!“ Wir fragen interessehalber, wie viel unser neuer Freund dafür wohl haben möchte. „100.000 Dong, very cheap!“ Das erscheint uns alles andere als „very cheap“ und wir teilen ihm mit, dass wir die 2km bis zum Hotel lieber laufen wollen. „Oh no, you are wrong! It is very far away, more than 4km!“ Danke, dass war die letzte Vergewisserung, die wir brauchten. Und keine 200m vom Bahnhofsgelände entfernt, sehen wir einen einsamen Taxifahrer am Straßenrand stehen. Er fährt uns für 40.000 Dong am Fluss entlang durch die Stadt in unser Hotel.

Hue hat etwa 300.000 Einwohner und liegt am Huong Giang, dem Parfümfluss. 


Sie war von 1802 bis 1945 Hauptstadt Vietnams und beherbergt die 1993 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärte Zitadelle mit der Verbotenen Stadt, die ehemalige Kaiserresidenz. Daneben gibt es noch bedeutende Kaisergräber und eine schöne Pagode zu besichtigen. Die Stadt selbst ist unserer Meinung nach sicherlich nicht die schönste. Wir wollen auch nur eine Nacht bleiben und fahren deswegen nach einer erfrischenden Dusche gleich mit einem Boot zunächst zur Thien Mu-Pagode und dann zur Zitadelle. Das kleine Drachenboot ist Ausflugsfähre und Hausboot zugleich. Man sitzt auf kleinen Plastikstühlen im vorderen Bereich, während ein paar Meter weiter ein Fernseher steht, eine kleine Küche und eine Kabine zu erkennen sind.


Die Thien Mu-Pagode ist ein berühmtes buddhistisches Kloster am Ufer des Parfümflusses und Wahrzeichen der Stadt. 



Auf dem Gelände kann man u. a. ein Austin Oldtimer besichtigen, der an den Mönch Thich Quang Duc erinnert, der 1963 traurige Berühmtheit erlangte. Er ließ sich am 11. Juni des genannten Jahres in dem Austin von Hue zu einer Straßenkreuzung in Saigon fahren, übergoss sich mit Benzin und zündete sich an. Damit protestierte er gegen die Unterdrückung der buddhistischen Bevölkerung durch den katholischen Diktator Ngo Dinh Diem.


Von der Pagode geht es mit dem Boot langsam und beschaulich zur Zitadelle. Die alte Kaiserstadt wurde von den Nguyen-Herrschern angelegt. Sie hat einen quadratischen Umriss von etwa 10km Umfang und ist von einem 23m breiten Wassergraben umgeben. Wir betreten die Anlage durch das Mittagstor, wo 1945 die Herrschaft der Nguyen-Dynastie endete und der letzte Kaiser Bao Dai die Amtsgeschäfte an Ho Chi Minh übergab. 


Im Zentrum befand sich die Verbotene Purpurne Stadt, die nach dem Vorbild in Peking errichtet wurde. Hier durfte sich nur der Kaiser und sein Gefolge aufhalten. Sein Gefolge bestand dabei hauptsächlich aus seinen über 100 Konkubinen. Ein langer Spaziergang über die Anlage lohnt sich.


Viele der im Laufe der Zeit zerstörten Gebäude wurden und werden wieder rekonstruiert.


Zurück in die Innenstadt lassen wir uns von einem „Cyclo“ fahren. Diese überall in Vietnam anzutreffenden Gefährte sind dreirädrige Fahrräder, an denen vorne offene Sitzkörbe angebracht sind, wo bis zu zwei Personen Platz finden, während sich der Fahrer hinter einem befindet. Zu Fuß suchen wir uns günstiges Lokal fürs Abendessen. Den ganzen Tag haben wir das Gefühl, dass wir immer noch hin und her schaukeln. Die Zugfahrt hat ihre Spuren hinterlassen. Unweit unseres Hotels finden wir ein kleines Plastikstuhllokal. Unser Abendessen wird von einer netten alten Vietnamesin gekocht, die leider über kein Distanzgefühl mehr verfügt: Sie streichelt Christina zur Begrüßung mit beiden Händen über das Gesicht und zwickt sie in die Hüften. Walter wird ebenfalls in die Seite gekniffen und aus ihrem Mund fällt etwas Essen auf seine Füße. Die unbekannten Gerüche, der Lärm durch das Hupen, die Resthitze des Tages. Es sind diese Momente der Fremdheit, die anstrengend werden, wenn man von Müdigkeit überwältigt ist, weil man zu wenig geschlafen hat. An solchen Tagen helfen erfahrungsgemäß die kleinen Dinge ganz gut: eine Packung Chips, ein Tonic Water oder Wasser mit Sprudel, eine Packung M&Ms oder mal wieder mit der Familie zu Hause zu skypen, die gerade am Frühstückstisch sitzt und gemeinerweise ein Vollkornbrot oder leckeren Käse vor den Bildschirm hält.

Fazit Tag 67:

Hue ist vietnamesische Geschichte.

Was haben wir heute gelernt? Vietnam ist Wasser. Wasser in Form von Meer und Flüssen. Die vielen breiten Ströme spielen eine wichtige Rolle im Alltag der Menschen. Man lebt auf und von Flüssen, nutzt und fürchtet sie. Viel mehr als in Europa vermitteln sie uns ein Gefühl von Naturgewalt.



2 Kommentare:

  1. wir waren wohl sehr gemein?! Das ist nur der Neid. Volkornbrot werdet ihr noch sehr häufig essen und wir machen dann auch extra für euch unser berühmtes Käse-Buffet. :), Lore

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    1. Wenn ihr wüsstet, wie oft mir Christina mit Erinnerungen an eure Käseplatte in den Ohren liegt...

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