Dienstag, 5. März 2013

Luang Prabang - Tag 5


Draußen herrscht tiefe Nacht, nur unser Zimmer-Gecko stößt vereinzelte Laute aus und wir genießen noch die REM-Schlafphase. Es ist 5:00 Uhr, der Wecker klingelt trotzdem. Das ist echt nicht unsere Zeit geweckt zu werden (nein, auch nicht für Christina)! Dass wir so früh aufstehen, hat aber einen guten Grund. Wir wollen uns heute den „dag bat“ ansehen. Das ist die allmorgendliche Prozession der Mönche, auch Bettelgang genannt, durch die Stadt, wobei sie von knienden Gläubigen Almosen in Form von Reis erhalten. Diesen nehmen sie zurück ins Kloster, wo er ihnen bis zur Mittagsstunde als Tagesmahlzeit dient. Die Almosengabe ist eine der wichtigsten religiösen Handlungen im Theravada-Buddhismus und speziell in Luang Prabang eine bewegende Erfahrung, aber gleichzeitig immer mehr auch eine große Touristenattraktion. Hinweisschilder an den Klöstern machen darauf aufmerksam, dass man der Zeremonie respektvoll und schweigend beiwohnen, keine Fotos mit Blitz machen und die Mönche nicht ansprechen soll. Viele Hotels organisieren für ihre Gäste einen Platz an der Straße und Schalen voll Reis, um selbst eine Gabe zu leisten. Aber auch hier gilt, dass der religiöse Aspekt im Vordergrund steht und man an der Almosengabe selbst nur teilnehmen sollte, wenn sie für einen bedeutsam ist. Aus diesem Grund verzichten wir darauf, eine Schale Reis zu kaufen und lassen uns mit einem Tuktuk in die Stadt fahren, um uns unter Einhaltung der Klosterhinweise selbst ein Bild von der Prozession zu machen.

Schon auf dem Weg durch die dunklen Straßen zur Innenstadt sehen wir die ersten älteren Laotinnen auf einem kleinen Hocker mit einer Schale Reis vor ihrer Wohnung sitzen und warten. Wir lassen uns am Ufer des Nam Khan absetzen und spazieren in der Morgendämmerung durch die kleinen Gassen zwischen den Tempeln. Innerhalb der Tempelmauern herrscht bereits seit einigen Stunden Leben, denn als buddhistischer Mönch wird man um 3:30 Uhr geweckt, um die nächsten Stunden mit Meditation zu verbringen. Gegen 6:30 Uhr beginnt der dag bat. Ein orangenes Leuchten schwappt aus den Tempeln auf die Straßen und wandert einem entgegen. 


Hunderte von orangenen Gewändern stechen aus der noch farblosen Umgebung hervor. Ein stiller und faszinierender Moment. Wenn man nicht gerade an der Ecke Sakkaline und Phayameungchan Road steht, denn hier parkt pünktlich um 06:30 ein Konvoi an Minivans, die Blitzlicht verströmende Touristen ausspeien und eine Viertelstunde später wieder einpacken und verschwinden. Geht man nur ein paar Straßen weiter, dann verschwindet das Spektakel und macht ehrlichen Bildern Platz. 


Alte Laoten und kleine Kinder sitzen auf dem Bordstein und halten eine Schüssel mit noch dampfendem Reis auf dem Schoß. Buddhistische Mönche, barfuß und in ein langes Gewand gekleidet, schreiten hintereinander in einer scheinbar endlosen Schlange die Reihe an Gläubigen ab. 


Jeder Mönch, kleine Kinder bis zu von Falten gezeichnete alte Männer, hält kurz seine Schale dem Gläubigen hin, der eine Handvoll Reis hinein legt und sich ob der Ehre des Gebens bedankt. Wir sitzen schweigend am Straßenrand und sind fasziniert von dieser den hier lebenden Menschen so vertrauten Prozedur, die sich jeden Tag wiederholt. Vielleicht sind es unsere staunenden Augen, die den einen und anderen Mönch dazu verleitet, uns ein kurzes Lächeln im Vorbeigehen zu schenken.


Nach dem dag bat schlendern wir noch etwas im kühlen Morgen ziellos durch die Altstadt. Wir müssen uns wieder mit weltlichen Dingen beschäftigen und zwar mit der Frage, wie wir aus Luang Prabang weiterreisen. Unsere Zeit in Laos ist nämlich zu Ende, morgen geht es für uns von hier nach Hanoi in Vietnam. Die vietnamesische Hauptstadt kann man von Luang Prabang entweder per Flugzeug in einer Stunde oder im Bus über die unter Backpackern als „road to hell“ bekannte Straße erreichen. Der Bus benötigt für die Strecke über die Berge offiziell 24, in Wirklichkeit 30 Stunden, hat offiziell im hinteren Teil eine Toilette, in Wirklichkeit keine, und bietet eine kleines Bett, das mit den überzähligen vietnamesischen Mitreisenden geteilt werden darf. Die einschlägigen Leidensberichte findet man ohne Probleme mit einer google-Suche. Mit Blick auf unsere drei wundervollen Erfahrungen mit dem laotischen Bussystem, verzichten wir dankend auf eine weitere und entscheiden uns für den Flug. Wir buchen Tickets für eine Propellermaschine Marke ATR 72 von Vietnam Airlines und fragen uns, ob dies nicht vielleicht doch noch eine abenteuerliche Reise nach Vietnam wird.

Den Nachmittag verbringen wir im Halbschlaf im Hotel. Zeit für einen kurzen Exkurs zum Thema: barfuß in Laos. Während es am Anfang für uns Westeuropäer noch ziemlich ungewohnt ist, dass man sich vor jedem Tempelbesuch, vor den Supermärkten oder vor den Restaurants die Schuhe ausziehen muss, wird es dann doch schneller zur Routine als gedacht. Was wir bereits in Indien und Thailand kennengelernt haben, wird in Laos flächendeckend betrieben. Eigentlich gar keine so schlechte Idee, denn die Böden der Geschäfte und Hotels bleiben auf diese Weise sauber. Die Schuhe haben wir bis jetzt auch immer wiedergefunden. Und wem das zuviel Fußkontakt mit anderen Menschen ist, der kann einfach Socken anziehen.

Am Abend machen wir einen Abstecher zum Nachtmarkt. 


Jeden Tag ab 17 Uhr wird die Sisavangvong Road gesperrt und zahlreiche Stände aufgebaut, bei denen man Tee, Schmuck, Maulbeerpapier und andere Souvenirs kaufen kann. Kurz vor der Sperrstunde ist um 22 Uhr Schluss. 


Wir gehen schlafen und sind wieder einmal gespannt, wie der morgige Reisetag verlaufen wird.

Fazit Tag 62:

Es lohnt sich manchmal, früh aufzustehen (was Christina schon immer wusste).

Was haben wir heute gelernt? Laos ist Buddhismus. Mehr noch als in den anderen Nachbarländern gehört der Anblick von Tempelanlagen, Buddha-Statuen und orange gekleideten Mönchen zum Alltag. Es ist bezeichnend, dass auf dem Deckblatt vieler Reiseführer über Laos (so auch auf unserem) buddhistische Mönche abgebildet sind. Bis zur kommunistischen Machtübernahme 1975 war der Theravada-Buddhismus Staatsreligion und ist bis heute ein integraler Bestandteil des öffentlichen Lebens in diesem Land.


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